Johanniskraut ist ein pflanzliches Arzneimittel, welches bei der Behandlung von Depressionen angewendet wird. Im ersten Teil dieses Berichts habe ich Ihnen über die Theorien zum antidepressiven Wirkungsmechanismus der Substanz, aber auch über die aktuelle Datenlage zur Effizienz der Anwendung von Johanniskraut bei Depressionen berichtet. Die Einnahme von Phytopharmaka kann jedoch auch Gefahren bergen. So könnte ein pflanzliches Arzneimittel, genauso wie synthetische Arzneien, mit anderen Medikamenten interagieren und diese in ihrer Wirkung schwächen, oder im Gegenteil, verstärken. Deswegen ist auch bei einer Einnahme von Phytopharmaka, eine medizinische Beratung notwendig. Welche Nebenwirkungen sowie Interaktionen wären aber bei der Einnahme von Johanniskraut zu erwarten?
Echtes Johanniskraut - Ist es sicher?
Genauso wie bei chemisch erzeugten Arzneimitteln, weisen auch pflanzliche Arzneimittel unerwünschte Wirkungen auf. Johanniskraut kann zu phototoxischen und allergischen Hautreaktionen führen. Hypericin, welches eines der Bestandteile von Johanniskraut-Extrakten ist, erhöht die Empfindlichkeit auf UV-Licht und kann somit zu einer phototoxischen Reaktion der Haut, führen. Dies bedeutet, dass, bei Einnahme eines Johanniskraut-Präparates, eine erhöhte Neigung zur Sonnenbrand-Entwicklung, für den Anwender dieser Präparate, besteht. Besonders die Verwendung von Solarien bzw. Bräunungsgeräten, sollte, bei Einnahme von Johanniskraut, vermieden werden. Falls die Durchführung einer Solartherapie gewünscht wird, soll die Einnahme von Johanniskraut, ca. 14 Tage, vor Beginn mit der Solartherapie, beendet werden. Bei lichtempfindlichen Personen, soll die Einnahme von Johanniskraut vermieden werden.
Die am Häufigsten berichtete Nebenwirkung ist jedoch, wie Linde und Knüppel, 2005, in ihrer Arbeit berichten, das Vorkommen von gastrointestinalen Beschwerden. Weitere unerwünschte Wirkungen von Johanniskraut, sind Müdigkeit und Unruhe. Schwere unerwünschte Wirkungen wurden, laut Linde, 2009, für die Anwendung von Johanniskrautpräparaten, nicht berichtet.
Äthanolextrakte von Johanniskraut, haben ein schwaches mutagenes Potential aufgewiesen. Dieses stehe wahrscheinlich mit Quercetin im Zusammenhang. Bis heute gibt es zu möglichen mutagenen Effekten von Johanniskraut, kaum publizierte Daten. Die existierenden Berichte darüber, widersprechen sich. Somit berichten einige Autoren über keinen Effekt der Substanz an der kognitiven Entwicklung und dem Wachstum der Neugeborenen, während andere, über ein vermindertes Gewicht, oder Leber- bzw. Nieren-Schäden, bei den Neugeborenen, berichten. Derzeit wird von einer Einnahme von Johanniskraut-Präparaten, während der Schwangerschaft und des Stillens, abgeraten.
Johanniskraut kann mit anderen Medikamenten interagieren und somit zur Verstärkung, oder zur Abschwächung der Wirkung anderer Medikamente, führen. So ist z.B. bekannt, dass die Einnahme von Johanniskraut-Präparaten, unter anderem, zu einer Wirkungsverminderung von oralen Antikoagulanzien (Phenoprocoumon), Antidepressiva (z.B. Paroxetin, Sertralin), Antiepileptika (z.B. Phenytoin, Carbamazepin), sowie HIV-Medikamenten (z.B. Efavirenz), führt. Besonders zu beachten ist auch die Wirkungsverminderung von oralen Kontrazeptiva, bei gleichzeitiger Einnahme von Johanniskraut. Somit wird der Konzeptionsschutz mit der Pille ineffektiv und es muss mit einer weiteren Kontrazeptionsmethode verhütet werden.
Bei gleichzeitiger Einnahme von selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI), oder Triptane mit Johanniskraut, kann es zu einem serotonergen Syndrom, kommen. Unter einem serotonergem Syndrom, versteht man das gleichzeitige Vorkommen von einer Reihe von Symptomen, welche auf einem erhöhten Serotoninspiegel beruhen (u.a. Tremor, Akathisie, Somnolenz, Schweißausbrüche, Durchfall, Übelkeit, Tachykardie). Beim Vorkommen eines serotonergen Syndroms, wird die sofortige Absetzung der verursachenden Medikamente empfohlen, sowie eine stationäre Überwachung der betroffenen Person, bis zum Abklingen der Symptomatik.
Fazit
Johanniskraut bietet eine Therapiealternative zu den chemisch erzeugten Arzneien, bei der Behandlung von leichten, bis mittelgradigen Depressionen. Johanniskraut-Präparate erwiesen sich, bei leichten und mittelgradigen Depressionen, genau so effektiv, wie chemisch synthetisierte Antidepressiva. Bei schweren Depressionen, bzw. chronisch depressiven Verläufen, soll Johanniskraut nicht angewendet werden. Zusätzlich sollen lichtempfindliche Personen die Einnahme von Johanniskraut vermeiden, da es zu einer Erhöhung der Photosensibilität der Haut kommt. Aufgrund von mehreren möglichen Arzneimittelwechselwirkungen von Johanniskraut mit anderen Präparaten, sowie dem möglichen Vorkommen von unerwünschten Wirkungen, unter Anwendung dieses Phytopharmakons, wird eine ärztliche Begleitung, über die gesamte Dauer einer Behandlung mit Johanniskraut, empfohlen. Abschließend soll vermerkt werden, dass die ho. angeführten Empfehlungen, nur für qualitativ hochwertige Johanniskrautextrakte, gelten.
Quellen:
Baldinger-Melich P., Spies M., Lanzenberger R., Kasper S. Der Stellenwert der Phytomedizin. Clinicum neuropsy, Ausgabe 01/2018, S. 10-14.
Ganz C. Arzneipflanze des Jahres 2015: Johanniskraut (Hypericum perforatum). Schweiz Z Ganzheitsmed 2015;27:27–29.
( https://www.karger.com/Article/Pdf/371604 )
Linde K., Knüppel L.: Large-scale observational studies of hypericum extracts in patients with depressive disorders – a systematic review. Phytomedicine 2005;12:148–157.
Linde K., Berner MM., Kriston L.: St John’s wort for major depression. Cochrane Database Syst Rev 2008; 4:CD000448.
Linde K. St. John‘s Wort. An Overview. Forschende Komplementärmedizin 2009, 16:146–155
( https://www.karger.com/Article/Pdf/209290 )
WHO. Depression and other common mental disorders: Global Health Estimates. Geneva: World Health Organisation; 2017
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