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Soziale Phobie

Jeder Mensch hat irgendwann einmal in seinem Leben Angst verspürt. Angst ist ein Gefühl, das eine normale Reaktion auf Bedrohungen darstellen kann. Angst kann jedoch auch ohne reale Bedrohung, unangemessen stark und häufig vorkommen, (ohne reale Bedrohung,) sowie unangemessen lang andauern. In diesem Fall wird Angst eine Störung, die bei dem Betroffenen zu einem starken Leidensdruck, mit deutlichem Lebensqualitätsverlust führt. In dem internationalen Klassifikationssystem von Erkrankungen (ICD), werden mehrere Angststörungen unterschieden und aufgelistet. Eine dieser Angststörungen ist die „Soziale Phobie“.

 

Obwohl die soziale Phobie zu den häufigsten Angsterkrankungen gehört, bleibt diese oft unerkannt. Bandelow und Linden (2014), berichten über eine Lebenszeitprävalenz von 12,1% für die soziale Phobie. Dies bedeutet, dass von 100 Personen unserer Bevölkerung, mindestens 12 davon, irgendwann im Laufe ihres Lebens, an einer sozialen Phobie erkranken. Im Gegensatz zu anderen psychiatrischen Erkrankungen, wird von einer gleichmäßigen Verteilung dieser Erkrankung bei Männern und Frauen ausgegangen. Aber was genau ist eine „soziale Phobie“ und woran kann man diese erkennen?


Soziale Phobie: Definition, Symptomatik

Wie Bandelow und Linden (2014) schreiben, kann man die „soziale Phobie“ vereinfacht, als eine „Blickphobie“ beschreiben. Die betroffenen Personen haben Schwierigkeiten mit anderen Menschen unbefangen einen Blickkontakt aufzunehmen oder zu halten. Wie in der Beschreibung der Erkrankung im ICD-10-Manual angeführt wird, versteht man unter sozialer Phobie, die „Furcht von prüfender Betrachtung durch andere Menschen, die zur Vermeidung sozialer Situationen führt“. Einige typische Situationen, wo „soziale Ängste“ auftreten können und von Personen mit einer „sozialen Phobie“ vermieden werden, sind folgende: vor anderen Leuten eine Rede halten; mit anderen Leuten gemeinsam essen oder trinken; sich mit Personen des anderen Geschlechts treffen; in öffentlichen Verkehrsmitteln, oder anderen sozialen Situationen anderen Leuten gegenübersitzen und auffallen; sich in Gruppen aufhalten; etwas reklamieren oder ablehnen; Bewerbungsgespräche wahrnehmen; beim Gegenübertreten mit Autoritätspersonen; eine Unterschrift unter Beobachtung anderer leisten; sportliche Betätigung bzw. nachgehen der Arbeit, während andere zusehen .

 

Soziale Phobie ist meistens, wie im ICD-Manual beschrieben, mit einem niedrigem Selbstwertgefühl und Furcht vor Kritik, verbunden. Den erkrankten Personen fällt es schwer, sich von anderen deutlich abzugrenzen. Dies hat zur Folge, dass die Betroffenen nicht leicht „Nein“ sagen können und Schwierigkeiten haben, gerechte Forderungen zu stellen. Obwohl sich Menschen mit sozialer Phobie für fachlich kompetent halten können, haben sie Angst, dass sie sich vor anderen Leuten blamieren werden, bzw. von ihnen negativ bewertet und abgelehnt werden. Körperliche Symptome, wie Händezittern, Übelkeit, Erröten oder Harndrang, können in diesen Situationen vorkommen.

 

Häufig werden die Betroffenen erst wegen möglichen Begleiterkrankungen beim Arzt vorstellig. Depressionen, sowie Alkoholabhängigkeit, gehören zu den häufigsten Begleiterkrankungen bei der sozialen Phobie. Durch die Angst vor „sozialen Situationen“ und der möglichen negativen Beurteilung ihrer Person, durch andere Menschen, kann es bei Personen mit sozialer Phobie zu beruflichen und privaten Problemen kommen. Der soziale Rückzug kann längerfristig bis zur vollständigen sozialen Isolation führen.


Soziale Phobie: Ursachen

Als mögliche Ursachen für die Entwicklung einer sozialen Phobie werden, wie bei anderen Angststörungen auch, biologische, genetische, aber auch psychosoziale Faktoren, angenommen. Man geht bei den betroffenen Personen von einer genetischen Vulnerabilität (Anfälligkeit) für Angsterkrankungen aus. Obwohl man die dafür verantwortlichen Gene noch nicht identifizieren konnte, weisen Zwillingsstudien auf eine genetische Beteiligung in der Entwicklung dieser Störung hin. Biologische Veränderungen im Organismus, wie Störungen der Serotonin- und / oder Noradrenalin-Ausschüttung, sowie Störungen der endokrinen Reaktionen, werden auch im Zusammenhang mit der Entstehung von sozialen Phobien, angenommen. Schließlich können psychosoziale Faktoren, wie traumatische Kindheitserfahrungen, belastende Lebensereignisse oder Fehlkonditionierungen, zur Entwicklung einer sozialen Phobie beitragen. Unter einer Fehlkonditionierung, würde man das Vermeidungsverhalten der betroffenen Personen sehen. Da die betroffenen Personen erlebt haben, dass es, durch die Vermeidung der sozialen Situation, zu einer Verminderung ihre Angst kommt, versuchen sie bewusst, sich längerfristig diesen Situationen nicht auszusetzen. Dadurch jedoch können die Betroffenen keine Erfahrung in diesen Situationen sammeln und eine Reduktion ihrer Angst, im Rahmen von „sozialen Situationen“, erleben. Auch das Beobachten von phobischem Verhalten und Reaktionen, kann im Sinne eines „Modelllernens“, in ähnlichen Situationen zur Auslösung von Angst, führen. 


Soziale Phobie: Behandlung

Soziale Phobie kann, wie auch die anderen Angststörungen, behandelt werden. Psychotherapie, aber auch eine medikamentöse Therapie mit Antidepressiva, zeigten eine gute Wirkung auf die Reduktion, der mit der sozialen Phobie verbundenen Symptomatik. Die am besten untersuchte Psychotherapie-Methode, als Therapieform für die soziale Phobie, ist die kognitive Verhaltenstherapie. Einige Studien, welche die kognitive Verhaltenstherapie mit anderen Psychotherapie-Methoden verglichen haben, zeigten eine bessere Wirkung der kognitiven Verhaltenstherapie, gegenüber anderen Psychotherapie-Methoden.

 

In einem ersten Behandlungsschritt, im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie, werden, die für den Patienten angst-erzeugenden sozialen Situationen, definiert und bearbeitet. Es wird versucht, gemeinsam mit dem Patienten, die genauen Ängste herauszuarbeiten und sich von den externen Angstursachen (z.B. die Situation), auf die internen Ursachen (z.B. Angst vor Kritik) der Angstauslösung, zu konzentrieren. In weiterer Folge kann, durch die Expositionstherapie, dem sich bewussten Präsentieren des Patienten, in eine für ihn angst-auslösende soziale Situation, eine weitere Reaktion der Angstsymptomatik, erzielt werden.

 

Unterstützend dazu können Entspannungsübungen verwendet werden. Entspannungsübungen können jedoch, ohne eine begleitende Therapie, wie eine kognitive Restrukturierung oder Expositionstherapie, keinen ausreichenden Erfolg bei der Reduktion der Angstsymptomatik erzielen. Mögliche Übungen, im Rahmen einer Expositionstherapie, könnten folgende sein: - in ein Geschäft gehen, sich über ein Produkt längere Zeit aufklären lassen und dann das Geschäft, ohne das Produkt gekauft zu haben, verlassen; - in einem Restaurant sich in die Mitte setzen, den Kellner rufen, um etwas zu bestellen, sowie später um zu zahlen.

 

Selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI), eine von mehreren unterschiedlichen Klassen von Antidepressiva, haben bei Patienten mit einer sozialen Phobie, in mehreren Studien bei der Reduktion der Angstsymptomatik, gute Ergebnisse gezeigt. Im Falle, dass es, trotz einer antidepressiven Behandlung mit einem SSRI, zu keinem ausreichenden Therapie-Erfolg kommt, kann man auf ein anderes SSRI oder einen Selektiven-Serotonin-und-Noradrenalin-Wiederaufhnahmehemmer (SNRI), wechseln. Obwohl eine Monotherapie, eine Therapie mit nur einem Medikament, angestrebt wird, ist bei einer Therapieresistenz der Angstsymptomatik, die Nutzung von Therapiekombinationen von mehreren Medikamenten, empfohlen. Die Nutzung von Beruhigungsmitteln soll, nach Möglichkeit, eher vermieden werden bzw. wenn notwendig, wegen des Abhängigkeitspotentials, nur kurzfristig eingesetzt werden.

 

Die Kombination einer Psychotherapie mit einer medikamentösen Behandlung, könnte zu einem besseren Therapie-Erfolg, als bei der Anwendung von Psychotherapie, oder der Medikation allein, führen. Obwohl dies für mehrere Angsterkrankungen, auch mittels Studiendaten, bereits belegt wurde, ist die Datenlage zur Kombinationstherapie, bei Patienten mit einer sozialen Phobie, noch nicht ausreichend, um eine solche Aussage untermauern zu können. 


Quellen:

Bandelow B. und Linden M. (2014) Angsterkrankungen – Panikstörung, soziale und generalisierte Angststörung (ICD-10 F4). Aus dem Buch: Therapie psychischer Erkrankungen – State of the Art, Hsg. Voderholzer U. und Hohagen F., 9. Auflage, Urban&Fischer Verlag, Elsevier GmbH, München, S235-250.

Rufer M., Alsleben H., Weiss A. (2004) Stärker als die Angst – Ratgeber für Menschen mit Angst- und Panikstörungen und deren Angehörige. 1. Auflage. Urban&Fischer Verlag, Elsevier GmbH, München.

WHO (2000) Internationale Klassifikation psychischer Störungen – ICD-10 Kapitel V (F) Klinisch-diagnostische Leitlinien. Verlag Hans Huber, Bern, Göttingen, Toronto, Seattle.

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